Stress verstehen
Hier erfährst du, was Stress ist, wie er sich sowohl positiv als auch negativ auf dich auswirken kann und was dabei in deinem Körper passiert.
Was ist Stress?
Stress ist eine Reaktion unseres Körpers auf Belastungen, die sowohl äußeren als auch inneren Ursprungs sein können. Stress aktiviert das autonome Nervensystem, vor allem die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) in unserem Gehirn, und bewirkt somit die Freisetzung von Hormonen wie Adrenalin und Cortisol. Diese sogenannten Stresshormone bereiten unseren Körper auf eine Fight-or-Flight (Kampf oder Flucht) Reaktion vor, indem sie beispielweise dazu beitragen, dass die Herzfrequenz, der Blutdruck oder auch die Energieproduktion gesteigert werden, was unseren Körper auf die Reaktion auf eine Bedrohung vorbereiten soll. Kurzfristig kann Stress also hilfreich sein, um eine Herausforderung zu bewältigen. Wird der Stress aber chronisch, zeichnen sich negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit, wie zum Beispiel ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen oder ein insgesamt geschwächtes Immunsystem, ab.
Guter und schlechter Stress
Stress muss nicht per se negativ sein. Aus evolutionärer Sicht kommt dem Stress eine entscheidende Rolle in der Reaktion auf Bedrohungen in unserer Umwelt zu. Wenn unsere Vorfahren in einer gefährlichen Situation waren, z.B. einem Raubtier begegnet sind, hat uns der Kampf-oder-Flucht Modus als Folge der Stressreaktion durch die physiologischen Veränderungen ermöglicht, effizient und schnell auf die Bedrohung zu reagieren, wodurch unsere Überlebenschancen deutlich höher waren.
Auch wenn heutzutage die meisten Stressfaktoren nicht mehr lebensbedrohlich sind (z.B. Prüfungen, Arbeitsstress, soziale Auseinandersetzungen), so hat Stress immer noch eine positive Funktion. In kurzen, kontrollierten Stressphasen, kann positiver Stress dazu beitragen, dass unsere Leistungsfähigkeit gesteigert wird. Beispielsweise kann eine erhöhte Konzentration helfen, eine wichtige Präsentation besser vorzutragen. Die physiologischen Veränderungen können auch bewirken, dass man bei sportlichen Bewerben über sich hinauswächst.
Positive Formen von Stress werden in der Psychologie als Eustress bezeichnet. Dieser wirkt meist motivierend und tritt dann auf, wenn wir anstehende Herausforderungen als bewältigbar einschätzen. Eustress geht oftmals mit Gefühlen der Kontrolle, Motivation und Freude einher. Wenn kurzfristiger Stress also als Eustress empfunden wird, kann er unser Selbstwertgefühl stärken und uns zu besseren Leistungen verhelfen, ohne gesundheitsschädigende Folgen zu haben.
Disstress hingegen ist die negative Form von Stress, die auftritt, wenn wir anstehende Herausforderungen als überwältigend oder gar unkontrollierbar erleben. Disstress führt dann häufig zu Gefühlen wie Angst, Frustration oder Erschöpfung und auch Überforderung, Hilflosigkeit und Unruhe werden häufig als Folge von Disstress beobachtet.
Akuter und chronischer Stress
Von akutem Stress spricht man, wenn kurzfristig eine Anpassung auf einen Stressor (Auslöser) stattfindet. Der akute Stress soll uns zum Handeln anregen und die Stressreaktion ist zeitlich begrenzt. Akuter Stress kann hilfreich für die Bewältigung von Herausforderungen (z.B. Halten einer wichtigen Präsentation) sein.
Von chronischem Stress spricht man hingegen bei einer anhaltenden Belastung und wenn die Stressoren kontinuierlich vorhanden sind (z.B. nicht nachlassender Arbeitsstress). Bei chronischem Stress ist unser Körper ständig in Alarmzustand und setzt dauerhaft Cortisol frei. Das kann nicht nur zu einer Überlastung führen, sondern hat auch negative Auswirkungen auf unsere körperliche und psychische Gesundheit, wie beispielsweise ein geschwächtes Immunsystem, ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen oder Angststörungen.
Was passiert in unserem Körper?
Bei Stress wird das sympathische Nervensystem in unserem Körper aktiviert, wodurch die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin aus unserer Nebenniere freigesetzt werden. Diese Hormone bereiten unseren Körper auf die oberhalb bereits erwähnte Kampf-oder-Flucht Reaktion vor. Das geschieht, indem sie die Blutgefäße verengen, die Herzfrequenz erhöhen und die Atemfrequenz steigern, damit mehr Sauerstoff zu unseren Muskeln befördert werden kann. Auch der Blutzucker wird erhöht, damit rasch Energie bereitgestellt werden kann.
Auch die HPA-Achse wird aktiviert. Dabei teilt der Hypothalamus der Hypophyse mit, dass das adrenocorticotrope Hormon (ACTH) freigesetzt werden soll. Dieses regt dann die Nebennieren an, Cortisol herzustellen. Das Cortisol stellt sicher, dass unser Körper über einen längeren Zeitraum in einem erhöhten Bereitschaftszustand verbleiben kann. Es reguliert den Stoffwechsel, fördert die Glukoseproduktion in der Leber und unterdrückt die Aktivität des Immunsystems.
Die erhöhte Herzfrequenz und der erhöhte Blutdruck sorgen dafür, dass die wichtigen Organe mit ausreichend Blut und folglich Sauerstoff versorgt werden. Die Verlangsamung der Verdauung stellt sicher, dass die dafür normalerweise verbrauchte Energie stattdessen für die Kampf-oder-Flucht Reaktion bereitgestellt wird. Eine höhere Muskelanspannung bereitet uns auf eine mögliche körperliche Anspannung vor und die Produktion von Schweiß soll unseren Körper bei großen Anstrengungen wieder abkühlen.
Die körperlichen Reaktionen sind sowohl bei positivem als auch negativem Stress gleich. Ob Stress als Eustress oder Disstress erlebt wird, hängt von der persönlichen Bewertung, ob eine Herausforderung als bewältigbar oder überfordernd wahrgenommen wird, ab.